Das Wahlrecht gehört zur Volljährigkeit

Immer wieder wird Absenlkung des Wahlalters auf 16 Jahre oder darunter vorgeschlagen. Dabei lenken falsche und sachfremde Behauptungen davon ab, wie willkürlich die Abkoppelung des wahlrechts von der Volljährigkeit wäre.

Stephan Eisel 

Klarheit statt Willkür:

Das Wahlrecht gehört zur Volljährigkeit 

Immer wieder wird eine Absenkung des Wahlalters als Mittel gegen eine ange­nommene „Politikverdrossenheit“ bei Jugendlichen vorgeschlagen. Dabei werden oft Thesen vertreten, die in der Fachwelt längst widerlegt sind, aber vor allem im Blick auf das Wahlrecht keine Rolle spielen sollten. 

Dazu gehört die Behauptung, Jugendliche seien im Blick auf ihre Urteilsfähigkeit auch vor der Volljährigkeit reif genug, an Wahlen teilzunehmen. Eine „Wahlreifebeurteilung“ wird aber auch bei Erwachsenen  nicht vorgenommen. Ähnliches gilt für ein behauptetes hohes Politikinteresse minderjähriger Jugendlicher: Angenommenes Politikinteresse ist in der Demokratie keine Voraussetzung der Wahlberechtigung. Auch das Argument, eine Senkung des Wahlalters würde die Wahlbeteiligung beeinflussen, ist sachfremd: Das Wahlrecht in der freiheitlichen Demokratie besteht unabhängig davon, ob es tatsächlich ausgeübt wird und wie hoch die Wahlbeteiligung ist. 

Tatsächlich geht es bei der Festlegung des Wahlalters um die Anwendung allgemein akzeptierter Kriterien, die frei von politischem Manipulationsverdacht sind.  Dabei ist  die Verknüpfung von Wahlrecht und Volljährigkeit die stichhaltigste und plausibelste Regelung. 

Der innere Zusammenhang zwischen Wahlalter und Volljährigkeit konkretisiert sich in der Fra­ge, warum je­mand über die Geschicke der Gesellschaft mitentscheiden soll, den diese Gesell­schaft noch nicht für reif genug hält, seine eigenen Lebensverhältnisse selbstständig zu regeln. 

Wer die Wahl­berechtigung von der Volljährigkeit entkoppelt, löst zugleich zu den Zusammenhang zwischen Bürgerrechten (wie dem Wahlrecht) und Bürgerpflichten auf. Vornehmste Bürgerpflicht ist nämlich die Übernahme der vollen Verantwortung für die Fol­gen des eigenen Handelns wie sie mit der durch die Volljährigkeit gewährten vollständigen Entschei­dungsfreiheit des Bürgers einsetzt. 

Die Wahlberechtigung für Minderjährige ist ein Widerspruch in sich, weil sie das Wahlrecht von der Le­bens- und Rechtswirklichkeit abkoppelt: 

Wer noch 16 Jahre alt ist, darf zwar Mofa fahren, aber ohne Begleitung eines Erwachsenen kein Auto len­ken, zwar Bier trinken, aber keine hochprozentigen Alkoholika und ohne Erlaubnis der Eltern eine Diskothek nur bis Mitternacht besuchen. Heiraten darf man zwar ab 16, aber nur wenn ein Familiengericht dazu die Genehmigung erteilt und der Ehepartner bereits volljährig ist. Kaufverträge, die von Jugendlichen unter 18 Jahren ge­schlossen werden sind nach dem sog. „Taschengeldparagraph“ (§ 110 BGB) nur wirksam, wenn sie aus Mitteln bezahlt werden, die von den Erziehungsberechtigten überlassen wurden. 

Es ist auffällig, dass auch die Befürworter einer Absenkung des Wahlalters nicht vorschlagen, dass an diesen Alterseinschränkungen etwas geändert wird. Sie plädieren nicht für eine Absenkung der Voll­jährigkeit. 

Das Kriterium der Volljährigkeit schützt auch vor Willkür bei der Festlegung des Wahlalters je nach eigener politischer Interessenlage: Diese Gefahr spiegelt sich in der Vielzahl von Vorschlägen unterschiedlicher Altersgrenzen: SPD und Grüne wollen eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Bundesjugendring und Kinderhilfswerk plädieren für eine Grenze bei 14 Jahren. Die Piratenpartei hat in Berlin eine Absenkung auf 7 Jahre beantragt.  Die Jugendorganisationen von Piraten und Grünen wollen sogar jede Altersgrenze abschaffen. 

Wie willkürlich die Abkoppelung des Wahlalters von der Volljährigkeit ist, zeigt sich auch daran, dass sich die Debatte einseitig auf das aktive Wahlrecht beschränkt und das passive Wahlrecht ausspart. Die Befürworter einer Senkung des aktiven Wahlalters müssen sich aber fragen lassen, warum sie  Jugendlichen das Recht verwehren wollen, Gleichaltrige zu wählen. Sie müssten dazu aber die Absenkung der Volljährigkeitsgrenze vorschlagen, denn für Minderjährige lässt sich die Freiheit des Mandats wegen des Interventionsrecht von Erziehungsberechtigten nicht garantieren. 

Übrigens lehnen in allen (!) bisherigen Umfragen die betroffenen minderjährigen Jugendlichen eine Herabsetzung des Wahlalters mit deutlicher Mehrheit ab. Erwachsene sollten das ernst nehmen anstatt Minderjährige in der Hoffnung auf den eigenen politischen Vorteil zwangszubeglücken.

Über Stephan Eisel
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